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15/03/2023Was ist die Ambulante Erziehungshilfe und wobei kann sie mich unterstützen?
„Unser 8-jähriger Sohn ist sowohl zu Hause als auch in der Schule sehr verhaltensauffällig. Ich bin bereits mehrfach zur Schule zitiert worden. Mir ist das sehr unangenehm, da ich selbst von Beruf Lehrerin bin, aber mittlerweile weiß ich mir nicht mehr zu helfen.
Nun überlege, ich eine ambulante Erziehungshilfe in Anspruch zu nehmen, da ich mir wünsche, dass sich eine fachlich versierte Person unsere Situation zu Hause anschaut und mit uns allen arbeitet. Allerdings habe ich große Angst davor einen Antrag zu stellen und mir damit eine*n Mitarbeiter*in vom Jugendamt ins Haus zu holen. Kann ich auch Ambulante Erziehungshilfe in Anspruch nehmen ohne das Jugendamt zu involvieren?“
Solche und ähnliche Fragen findet man immer wieder in diversen Internet-Foren. Aleksandr Erokhin, Teamleitung unserer Ambulanten Erziehungshilfe in Feldmoching erklärt, wobei die Ambulante Erziehungshilfe unterstützen kann und wie man sie in Anspruch nehmen kann.
Lieber Aleksandr, bei welchen Fragen kann man sich als Eltern die Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte der Ambulanten Erziehungshilfe holen?
Aleksandr Erokhin: Das Feld der Erziehungsfragen und Hilfen ist ziemlich groß. Eine Familie kann vor verschiedenen Herausforderungen stehen und nutzt in der Regel zuerst alle bereits vorhandenen Ressourcen und Netzwerke. Die AEH setzt dort an, wo es nachhaltige Strategien für die offenen Erziehungsfragen braucht. Unsere Fachkräfte unterstützen und begleiten intensiv bei lebenspraktischen Fragen zur Erziehung in der Familie.
Die Ambulante Erziehungshilfe ist ein längerer und partizipativer Prozess und wird in der Familie „verankert“. Sie orientiert sich an der Lebenswelt und an den individuellen Bedarfen der Familien. Somit sind auch die Hausbesuche ein wesentlicher Bestandteil der ambulanten Erziehungshilfe.
Zusätzlich bieten wir Gruppenangebote für Kinder, wie eine Sportgruppe oder eine Mädchengruppe an und machen gemeinsame Ausflüge in den Ferien. Besonders begeistert bin ich von unserem gemeinsamen Elternfrühstück, ein Ort zum lockeren Austausch und spontaner Themenfindung. In der nahen Zukunft planen wir ein Angebot für Väter.
Wohin können Eltern sich wenden, wenn sie sich Unterstützung durch die Ambulante Erziehungshilfe wünschen?
Aleksandr Erokhin: Der erste Weg führt immer zuerst zum Sozialbürgerhaus im eigenen Stadtteil. Die Mitarbeiter*innen im Sozialbürgerhaus informieren über verschiedene Angebote, die dazu beitragen können, Eltern zu entlasten und Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern. Sollte den Erziehungsberechtigten Unterstützung durch eine Ambulante Erziehungshilfe als eine sinnvolle Maßnahme erscheinen, können sie diese auf der Grundlage eines individuellen Hilfeplanverfahrens bei der zuständigen Bezirkssozialarbeit beantragen
Die Beratung im Sozialbürgerhaus wie auch die Ambulante Erziehungshilfe sind kostenfrei. Wichtig ist auch zu wissen, dass die sozialpädagogischen Fachkräfte dort der besonderen Schweigepflicht unterliegen und alle Angaben von Eltern vertraulich behandelt werden.
Was sind die Voraussetzungen dafür, dass Familien Unterstützung durch eine Ambulante Erziehungshilfe in Anspruch nehmen können?
Aleksandr Erokhin: Wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch Erziehung nicht gewährleistet ist und die AEH für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Die AEH ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert auch daher die Mitarbeit der Familie.
Sollten Eltern sich für eine Hilfe entscheiden, wird diese auf der Grundlage eines individuellen Hilfeplanverfahrens bei der zuständigen Bezirkssozialarbeit beantragt.
Was ist ein Hilfeplanverfahren?
Hilfeplanung ist ein Verfahren zur Prüfung, Konkretisierung und Vereinbarung sozialrechtlicher Leistungsansprüche auf Hilfen zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII.
Hilfeplanung ist vorrangig ein sozialpädagogischer Aushandlungs- und Entscheidungsprozess zwischen öffentlichen und freien Trägern sowie Adressat*innen (Personensorgeberechtigte, Kinder und/oder Jugendliche).
Hilfeplanung umfasst den gesamten Prozess von der ersten Beratung, über die Bedarfsfeststellung und die Aufstellung des Hilfeplans bis zur Beendigung der Hilfe. Das Hilfeplanverfahren, das heißt die konkrete methodische Umsetzung, ist in drei Teilprozesse aufgeteilt:
1. Klärung des Hilfebedarfs
2. Planung der Hilfe
3. Überprüfung der Durchführung, Fortschreibung und Beendigung
Quelle: Merchel, Joachim (2019): Hilfeplanung, in: Merchel, Joachim (Hrsg.), Handbuch Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), 3. Auflage, München, S. 190–202
Die Angst, sich „das Jugendamt ins Haus zu holen“ ist eine häufig geäußerte Sorge bei Eltern, die sich Unterstützung durch eine Ambulante Erziehungshilfe wünschen. Inwiefern ist diese Befürchtung begründet?
Aleksandr Erokhin: „Jemanden ins Haus zu holen“ ist keine Selbstverständlichkeit. Es braucht Zeit zum Kennenlernen, Vertrauen und Empathie. Die Beziehungsarbeit ist der lebendige Kern unserer Arbeit in der AEH – auch in Notlagen und herausfordernden Situationen. Diese anzugehen braucht hin und wieder neue Versuche und Chancen. Hinter den Sorgen verstecken sich oft Themen, die Familien stark beschäftigen.
Vielen Dank für das Interview, lieber Aleksandr.
Foto: Nick Fewings auf Unsplash
„Sollten Sie unsere Hilfe in Anspruch nehmen wollen, wenden Sie sich am Besten an das Sozialbürgerhaus-Nord in der Knorrstraße 101-103. Dort findet ein Orientierungsgespräch statt, um die passende Unterstützung für Sie zu finden.“
Aleksandr Erokhin ist Teamleiter unserer Ambulanten Erziehungshilfe in Feldmoching.