Mein richtiger Weg in den richtigen Körper
20/08/2020Neue Chance in der ISE bei NEUE WEGE
20/08/2020Von zu Hause in die Hand des Jugendamtes
L., (17 Jahre, weiblich) erzählt:
Ich bin ein Mischlingskind und in der wunderschönen Stadt München geboren. Ich bin eine Mischung aus deutsch und Nigeria. Jetzt möchte ich euch ein paar Abschnitte aus meinem Leben erzählen.
Ich bin wie viele andere Kinder in den Kindergarten gegangen. Ich wurde hingebracht und auch wieder abgeholt. Die Kindergartenzeit ist oft die schönest und die einfachste Zeit. Doch auch diese Zeit geht vorbei und dann ging es für mich in die Schule.
Ich stand damals mit meiner Schultüte vor meiner Lehrerin. Ich war wie alle Kinder verängstigt, schließlich wussten wir nicht, was auf uns zukommen würde.
Wobei es doch gar nicht so schlimm war, wie wir es uns vorstellten. Wir haben ein paar Geschenke bekommen und dann ging es eigentlich schon wieder nach Hause ein schöner Tag eigentlich.
Am nächsten Tag ging es schon früh los mit Matheunterricht, Deutsch, Kunst und was man alles noch so kennt. So ging es dann auch immer weiter. Eigentlich lief es gut, wenn man zu Hause nicht so viele Probleme hätte, mit Eltern oder Geschwistern. Es belastete einfach sehr stark und auch meine Lehrer Merken das natürlich und machten Elterngespräche aus, aber es änderte sich nichts. Meine Lehrer schlugen mir vor, dass ich mir mal ein Kinderheim anschauen soll.
Ich hielt davon nichts. Man hört ja auch nichts Schönes, schon wie der Name sich anhört: KINDERHEIM. Wie ein Gefängnis. Deswegen habe ich dieses Thema auch schnell wieder gelassen. Stattdessen habe ich versucht, dem Stress aus dem Weg zu gehen und den Schmerz runterzuschlucken. Ich war oft draußen, wie ein streunender Hund. Ich habe mich zu Dingen überreden lassen, wie Alkohol oder Drogen. Ich hatte falsche Freunde, hab angefangen zu klauen. Ich bin sozusagen in die Scheiße reingerannt.
Irgendwann kam der Tag, an dem ich dann doch in das Kinderheim musste, Natürlich war ich damals davon extrem genervt und habe mich erst geweigert, aber ich kam nicht drum herum und musste weg. Das Kinderheim war in Ottobrunn. Es war schlimm für mich. Zu Hause hatte ich viele Freiheiten, doch dort war es wirklich wie in einem Gefängnis. Ich habe mich auch gefangen fühlt, Nach sechs Monaten bin ich in eine der KSWg gekommen. Es war eine schöne Zeit dort. Es hört sich zwar komisch an, aber ich habe das alles als Chance gesehen. Ich konnte neu anfangen und außerdem war es gar nicht so schlimm. Klar ist es komisch in den Händen des Jugendamtes zu sein, doch es hat seine Vor- und Nachteile. Für mich waren es drei wunderschöne Jahre. Natürlich hatte ich auch meine Krisen und dann war es wieder schlimm für mich, aber das ging auch schnell wieder rum.
Heute sind vier Jahre vergangen und ich finde, in dieser Zeit habe ich viel gelernt und mich verändert. Wenn ich darüber nachdenke, war dieser Tag, an dem ich so wütend war, dass ich von zu Hause weg musste, das Schönste, was mir passieren konnte, denn es war das Beste für mich und meine Familie.
Doch aus der WG musste ich wieder raus und jetzt bin ich in der WG von NEUE WEGE. Auch dort ist es schön. Die Betreuer sind sehr freundlich und engagiert und auch mit den anderen Jugendlichen komme ich sehr gut klar.
Was ich euch mit diesen Beitrag mitteilen möchte ist, wenn es mal zu Hause nicht klappt, was oft vorkommt und ich euch aus bestimmten Gründen nicht wohlfühlen, ist es besser zu gehen. Es muss ja auch nicht für immer sein.
Das geht zum Beispiel auch so lange, bis die Situation zu Hause sich verbessert und der Stress sich wieder gelegt hat. Es gibt viele Schutzstellen bei uns in München, da könnt ihr auch immer hingehen, auch ohne Termin. In unserem Land wird uns sehr geholfen. Deswegen nutzt eure Chance und macht das Beste daraus.
Foto: Jan Tinneberg on Unsplash
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der gedruckten Ausgabe von „New Ways“, der Jugendzeitung von NEUE WEGE veröffentlicht worden.