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07/09/2022Zum Herbstanfang steht wieder für viele Kleinkinder die Eingewöhnung in die Kinderkrippe an. Im Interview sprechen wir mit Simone Heilmeier, Leitung unserer Kinderkrippe in München-Moosach, darüber, wie der Start gelingen kann.
Liebe Simone, was passiert eigentlich in der Zeit der Eingewöhnung und warum ist diese beim Eintritt in die Kinderkrippe so wichtig?
Simone Heilmeier: Einem Kind stehen in seinem Leben viele Übergänge bevor, wie zum Beispiel vom Elternhaus in die Krippe oder vom Kindergarten in die Schule. Die ersten Übergänge sind dabei die wichtigsten und prägen es für die Bewältigung solcher Situationen und die Beziehungsfähigkeit im weiteren Leben. Deshalb ist eine individuelle und behutsame Eingewöhnung durch die pädagogischen Fachkräfte in der Kinderkrippe von großer Bedeutung. Die Zeit der Eingewöhnung dient dem Kind dazu, sich mit seinen neuen Bezugspersonen, dem Tagesablauf und anderen Kindern vertraut zu machen.
Wie lange dauert eine Eingewöhnung in die Kinderkrippe?
Simone Heilmeier: In der Regel dauert die Eingewöhnung circa vier bis sechs Wochen. Der genaue Zeitraum ist individuell vom Kind abhängig. Wir empfehlen den Bezugspersonen unserer Eingewöhnungskinder daher mindestens die angegebene Zeit über zur Verfügung zu stehen. Auch danach ist das Kind aber noch in einer sensiblen Phase. Bis es sich an alle Abläufe und Rituale gewöhnt und einen sicheren Kontakt zum pädagogischen Personal hergestellt hat, vergehen im Durchschnitt drei Monate.
Welche Rolle spielen die Eltern bei der Eingewöhnung?
Simone Heilmeier: Eltern sind die wichtigste Bezugsperson für ihr Kind und sollen das auch bleiben. Nur wenn ein Kind eine gefestigte Bindung zu einer vertrauten Bezugsperson hat, kann es auch Bindungen zu neuen Bezugspersonen aufbauen.
Die Hauptaufgabe der Eltern in der Eingewöhnungsphase ist es, ihrem Kind das Gefühl zu geben, dass sie ihm weiterhin als wichtigste Bezugsperson zur Verfügung stehen und dass sie es den neuen Bezugspersonen und der neuen Umgebung gerne anvertrauen.
Auch Eltern machen ja mit der Eingewöhnung ihres Kindes eine Veränderung durch …
Simone Heilmeier: Definitiv. Daher sehen wir pädagogischen Fachkräfte es auch als unsere Aufgabe an, diese Zeit auch für die Eltern so optimal wie möglich zu gestalten. In unserer Kinderkrippe werden die Eltern bereits im Vorfeld der Eingewöhnung durch Informationsveranstaltungen und -materialien sowie einen Schnuppernachmittag unterstützt und während der Trennungssituation von unserer Elternfachkraft bei all ihren Fragen und Unsicherheiten begleitet.
„Münchner“ oder „Berliner“ Modell?
Die zwei am häufigsten in Kinderkrippen angewandten Modelle sind das „Berliner“ und das „Münchner“ Eingewöhnungsmodell. Beide sind anerkannte, jahrelang erprobte Modelle, die sich an den neuesten Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie und der Bindungstheorie unterscheiden und sich in Herangehensweis und Dauer etwas unterscheiden.
Das Eingewöhnungsmodell bei „Neue Wege“ beinhaltet Einflüsse beider Modelle und wird durch die jahrelange Erfahrung unserer pädagogischen Fachkräfte ergänzt.
Was können Eltern tun, wenn ihr Kind beim Abschied weint?
Simone Heilmeier: Natürlich sieht es niemand gerne, wenn ein Kind weint und gerade für Eltern ist es schwierig auszuhalten. Gleichzeitig gehören Tränen in der Eingewöhnung dazu. Auch wenn das Kind einen stabilen Eindruck beim Spielen in der Gruppe macht und einen guten Kontakt zu seinen neuen Bezungspersonen aufgebaut hat, können in der Trennungssituation Tränen fließen, die wir dem Kind zugestehen müssen. Es ist wichtig, dass es weinen darf und so den Trennungsschmerz verarbeiten kann. Auch Tränen beim Abholen, wenn der Stress in den Armen der Eltern abfällt oder beim morgendlichen Bringen, wenn es sich von Ihnen verabschieden muss, sind in der Anfangszeit normal und dürfen sein.
Was ist der wichtigste Rat, den Du Eltern mitgeben möchtest?
Simone Heilmeier: Wenn Eltern Fragen, Sorgen oder Wünsche haben oder auch unsicher oder unzufrieden sind, sollten sie sich nicht scheuen, die pädagogischen Fachkräfte anzusprechen. Das Ziel in unserer Kinderkrippe ist es, eine Erziehungspartnerschaft mit den Eltern aufzubauen, um das Kind während der Krippenzeit optimal fördern zu können. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein offener und ehrlicher Austausch von Anfang an. Unsere Mitarbeiter*innen sind pädagogisch hervorragend geschult, haben ein offenes Ohr für die Anliegen der Eltern und immer gute Tipps parat. Die Eltern sind die Experten für Ihre Kinder. Diese Kombination ist unglaublich wertvoll, weshalb wir so viel Wert auf eine gute Zusammenarbeit legen.
8 Tipps für eine gelungene Eingewöhnung
- Entscheiden Sie sich für EINE vertraute Bezugsperson, die das Kind während der Eingewöhnung begleitet
Die Person sollte einen guten, regelmäßigen Kontakt zu Ihrem Kind haben (z.B. Mutter, Vater, Oma,… ) und während der Eingewöhnungszeit konstant zur Verfügung stehen. Vermeiden Sie einen Wechsel der Bezugsperson in dieser Zeit, da Ihr Kind zu jeder Person eine andere Beziehung hat und jeder* anders mit der Eingewöhnungssituation umgeht, wodurch Unsicherheiten bei Ihrem Kind entstehen können. - Sorgen Sie für gewohnte Strukturen und eine gewohnte Umgebung während der Eingewöhnung
Während der Eingewöhnung macht ihr Kind bereits sehr große Veränderungen durch, es gewöhnt sich an einen neuen Tagesablauf und hat viele fremde Eindrücke zu verarbeiten. Versuchen Sie deshalb den gewohnten Tagesablauf beizubehalten, um zusätzlichen Stress für das Kind zu vermeiden. Ausserdem empfehlen wir, Urlaube oder sonstige Veränderungen der vertrauten Umgebung, wie einen Umzug, erst zu planen, wenn die Eingewöhnung vollständig abgeschlossen ist. - Versuchen Sie, den Still- und Schlafrhythmus Ihres Kindes an den Tagesablauf der Krippe anzugleichen
Sollte Ihr Kind noch gestillt werden, ist es von Vorteil, wenn Sie versuchen, den Stillrhythmus bereits im Vorfeld an den Tagesablauf der Krippe anzupassen bzw. Ihr Kind abzustillen. Auch soll es weiter seinem individuellen Bedürfnis nach Schlaf nachgehen können. Gerade noch sehr junge Kinder brauchen mehrmals am Tag eine Erholungsphase, die wir natürlich in der Krippe berücksichtigen. Dennoch können Sie gerne versuchen, den Schlafrhythmus Ihres Kindes durch die Gestaltung von Aktivitäten während des Tages ebenfalls an den neuen Tagesablauf anzugleichen. - „Üben“ Sie erste Trennungen mit vertrauten Bezugspersonen
Wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet, können Sie erste, kurze Trennungen mit Ihrem Kind üben, beispielsweise, wenn die Großeltern oder dem Kind gut vertraute Freunde bei Ihnen zu Besuch sind. - Lassen Sie Ihr Kind über einen überschaubaren Zeitraum selbständig spielen und üben Sie das „alleine schlafen“
Bieten Sie Ihrem Kind Spielmöglichkeiten, bei denen es sich über einen überschaubaren Zeitraum alleine beschäftigt. Auch das Einschlafen ohne die Eltern kann geübt werden. Sollten Sie das Gefühl haben, dass Ihr Kind und Sie diese Zeit noch zusammen brauchen, behalten Sie sie bei. - Reden Sie mit ihrem Kind über den bevorstehenden Krippenstart
Mit bereits älteren Krippen-„Neulingen“ empfiehlt es sich, sie durch Gespräche oder Bilderbücher über den Krippen-Start behutsam auf die bevorstehende Veränderung einzustimmen. Auch können Sie, zum Beispiel bei Spaziergängen, die Krippe von außen schon einmal gemeinsam betrachten und die nähere Umgebung erkunden. - Nehmen Sich sich Zeit und seien Sie offen für Neues
Als wichtigste Bezugsperson beeinflusst Ihr Verhalten maßgeblich den Verlauf der Eingewöhnung mit. Spürt Ihr Kind Unsicherheiten, wird es auch unsicher. Deshalb ist es sehr wichtig, ihm eine positive Einstellung der neuen Situation gegenüber zu vermitteln. Versuchen Sie den zeitlichen Druck hintenanzustellen, auch wenn es zu kleinen Hürden oder Verzögerungen wie Krankheit ihres Kindes oder ähnliches kommen sollte. Die erfahrenen MItarbeiter*innen geben ihr Bestes, damit die Eingewöhnung so gut und schnell wie möglich absolviert werden kann. - Gönnen Sie Ihrem Kind viel „Mama und Papa-Zeit“
Eine Eingewöhnung ist für jedes Kind durch die vielen neuen Eindrücke sehr anstrengend. Gestalten Sie den restlichen Tag nach dem Krippenbesuch deshalb möglichst ruhig zuhause oder mit kleinen Spaziergängen an der frischen Luft und schenken Sie Ihrem Kind viel Nähe und Zeit. Größere Ausflüge oder Treffen mit anderen Kindern sollten jetzt eher seltener stattfinden.
Fotos: Jelleke Vanooteghem on Unsplash, Markus Spiske on Unsplash
Simone Heilmeier ist Sozialpädagogin B.A. und Einrichtungsleitung in der Kindertagesstätte „Neue Wegelagerer“ in München-Moosach.