„Jetzt weiß ich, jetzt kommt nur das Beste“
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14/01/2022Wohl kaum einer weiß, dass in unseren Kindertagesstätten ein ehemaliger Sternekoch kocht. Daher stellen wir ihn heute vor – Wolfgang Gamperl ist einer der Köche, die für unsere Kindertagesstätten köstliche Menüs zubereiten. Im Interview erklärt er, auf was es ihm bei der Zubereitung der Speisen für die Kinder besonders ankommt und wie er es schafft, dass die Kinder sogar Sellerie lieben.
Lieber Wolfgang, seit diesem Frühjahr kochst Du für die Kinder in unseren Kindertagesstätten. Dabei bringst Du vielfältige berufliche Erfahrungen aus der ganzen Welt mit. Auf welchen Wegen bist Du zu NEUE WEGE gekommen?
Wolfgang Gamperl: Nach meiner Lehre im Hotel Königshof in München habe ich mich in verschiedenen Münchner Sterne-Restaurants, vom Tantris bis zum „Vier Jahreszeiten“ weitergebildet. Schließlich packte mich die Neugier auf exotischere Zutaten und Rezepte und ich habe zwölf weitere Jahre in verschiedenen Ländern vom mittleren Osten bis Asien gearbeitet. Zurück in München gründete ich dann eine Familie und damit einher ging die Entscheidung, in einer Kantine zu arbeiten. Die Arbeitszeiten in einem Top-Restaurant sind einfach nicht familienfreundlich und ich wollte meine beiden Jungs unbedingt aufwachsen sehen.
Ich bin aus tiefstem Herzen Koch und sehr glücklich über die vielfältigen Erfahrungen, die ich in meinem Berufsleben machen durfte. Die Erfahrung, die ich jetzt mit den Kindern machen darf, ist eine zusätzliche Bereicherung. Kinder zeigen Dir so deutlich ihre Emotionen und es freut mich wahnsinnig, wenn sie beim Anblick des Essenswagens „lecker, lecker“ rufen. Gleichzeitig sagen sie Dir ganz ehrlich ins Gesicht, wenn es ihnen nicht schmeckt.
Die vielfältigen Einflüsse, die Du auf Deinem Karriereweg mitgenommen hast, bringst Du ja nun auch auf die Teller in unseren Kindertagesstätten. Was bekommen die Kinder von Dir serviert?
Wolfgang Gamperl: Mein Ziel ist es, die Kinder an viele verschiedene Nahrungsmittel heranzuführen. Unsere Kindertagesstätten besuchen Kinder verschiedenster Nationalitäten, die ganz unterschiedliche Gewürze und Lebensmittel kennen und lieben. Auch deshalb ist eine vielfältige Auswahl sehr wichtig für mich.
Statt Nudeln mit Tomatensoße gibt’s bei mir auch mal Shanghai-Nudeln, natürlich milder gewürzt als für Erwachsene. Das traditionelle Frühstück aus Vollkornprodukten, Obst, Milch und Aufstrichen alterniere ich gerne mal mit einem Omelett oder French Toast. Und klassische Gerichte, wie Linseneintopf, kombiniere ich mit einer fruchtigen Komponente, wie zum Beispiel Äpfeln.
Ein Speiseplan, der sich im Turnus von acht Wochen immer wieder wiederholt, ist mir jedenfalls zuwider. Dafür bin ich viel zu neugierig und kreativ. Ich experimentiere gerne. Und das erfordert den Mut, etwas Neues auszuprobieren, und die Stärke, es auszuhalten, wenn ein Gericht mal nicht so gut ankommt. Dabei beobachte ich, auf was die Kinder abfahren und auf was nicht und passe die Rezepte immer wieder darauf an.
Was kommt bei den Kindern denn am Besten an?
Wolfgang Gamperl: Süß mögen alle Kinder am Liebsten, am liebsten garniert mit Schokostreuseln . Und alles was paniert und crispy ist – sogar Sellerie, beispielweise als Schnitzel gebacken, finden die Kinder super-lecker.
Nach welchen Kriterien wählst Du die Lebensmittel aus, die Du zubereitest?
Wolfgang Gamperl: Ich bin sehr darauf bedacht, saisonal und regional zu kochen. Für mich gehören bestimmte Obst- und Gemüsesorten zu bestimmten Jahreszeiten, also beispielsweise Erdbeeren in die (Früh-)sommermonate und Mandarinen in die Winterzeit. Und im Herbst freue ich mich so richtig auf die Kürbissuppe. Diese Haltung möchte ich gerne auch an die Kinder weitergeben.
Fisch und Fleisch, sowie Milch und Eier beziehen wir ausschließlich von Bio-Lieferanten. Wie auch bei unserem Obstlieferanten ist es mir wichtig, diese Lebensmittel frisch zu erhalten. Meine Lieferanten weise ich daher an, nicht vor dem Wochenende zu liefern, da die Lebensmittel sonst zwei Tage einfach rumliegen würden.
Mir ist wichtig, dass die Kinder eine Vielfalt an Geschmäckern kennen lernen. So achte ich beispielsweise darauf, dass ich immer 5-6 verschiedene Früchte anbiete und Gerichte mit unterschiedlichen Komponenten wie Dill, Kurkuma oder Ingwer würze.
Und dann lege ich noch Wert darauf, überwiegend Vollkorn zu servieren. Nicht alle Kinder sind das gewohnt und mögen das, aber darauf gehe ich ein, indem ich beispielsweise Vollkornnudeln mit klassischen Nudeln kombiniere.
Auf was müsst ihr bei der Zubereitung der Speisen für die Kinder achten?
Wolfgang Gamperl: Ich bekomme aus jeder unserer Kindertagesstätten eine Liste mit verschiedenen besonderen Wünschen. In einer unserer Einrichtungen gibt es beispielsweise keine Mahlzeiten, die Zucker enthalten. Für manche Kinder bereite ich laktosefreie Mahlzeiten, für andere vegetarische oder vegane Mahlzeiten zu. Und da einige Kinder unter Weizenunverträglichkeit leiden, verarbeite ich so gut wie kein Weizenmehl.
Beim Würzen bin ich natürlich zurückhaltender als bei Speisen für Erwachsene, da die Geschmacksnerven von Kindern noch nicht ausgebildet und sehr sensibel sind.
Es gibt einmal pro Woche Fleisch und einmal pro Woche Fisch. Dabei gilt für unsere Kindertagesstätten, dass wir kein Schweinefleisch servieren.
Ab Anfang kommenden Jahres wird es ja auch Kochaktionen gemeinsam mit den Kindern geben. Was habt ihr da zum Beispiel geplant?
Wolfgang Gamperl: Ja, darauf freue ich mich schon. Wir haben bereits die Wagen mit Herdplatten besorgt, mit denen wir in die Räume der unterschiedlichen Gruppen fahren können. Geplant haben wir bereits gemeinsam Obstsalat zu schnippeln und Waffeln zu backen.
Kindertagesstätten sind ein wunderbarer Ort für praktische Ernährungsbildung, da die Kinder einen Großteil der Mahlzeiten dort einnehmen. Mit den zusätzlichen Kochaktionen wollen wir sie spielerisch an Lebensmitteln heranführen, ihnen die Möglichkeit geben, sie im wahrsten Sinne des Wortes zu „begreifen“ und ihnen beibringen, wie sie ganz einfach schmackhafte Speisen zubereiten können.
Hast Du einen Tipp für Eltern, die an den einseitigen Essgewohnheiten ihrer Kinder verzweifeln?
Wolfgang Gamperl: Ich kenne das ja von meinen Kindern und habe da viel gelernt. Die waren als Kinder auch hoaklig (bayerisch für: wählerisch). Sie mussten zwar nichts essen, was sie nicht wollten, aber ich habe immer darauf geachtet, dass sie ein Löffelchen probierten. Ich bin davon überzeugt, dass wir dadurch fördern können, dass sie unbekanntem Essen gegenüber offener werden. Heute sind meine Kinder 21 und 22 Jahre alt und essen eigentlich alles.
Wenn Eltern ihr Kind an neue Lebensmittel heranführen möchten, ist es sinnvoll, dass in dem damit zubereiteten Gericht immer mindestens eine Komponente drin ist, die das Kind bereits gut kennt. Und hilfreich ist natürlich auch, wenn das Gericht optisch ansprechend angerichtet ist.
Was ist denn Dein Lieblingsgericht?
Wolfgang Gamperl: Das eine Lieblingsgericht gibt es nicht, aber ich liebe die asiatische Küche und deftige bayerische Schmankerl wie Schlachtschüssel oder saure Lüngerl.
Vielen Dank für das Interview, lieber Wolfgang.
Foto: Angela Mulligan auf Unsplash